The sound of a door opening

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An den Fenstern der Loge sind Blenden angebracht, die bis zur Augenhöhe der Häftlinge reichen, sodass diese, was immer sie unternehmen, nicht über sie hinwegblicken können.

Um das Durchscheinen des Lichts zu verhindern, durch das die Gefangenen trotz der Blenden erkennen könnten, ob sich jemand in der Loge aufhält oder nicht, wird dieser Raum mithilfe von Trennwänden in der Form zweier rechtwinkelig aufeinander stoßendern Kreisdurchmesser im Viertel aufgeteilt. … Die Türen dieser Trennwände könnten das Durchscheinen des Lichts ermöglichen, wenn sie offen gelassen werden. Um dies zu verhindern, kann nach Wunsch jede Trennwand geteilt werden, wobei die eine Hälfte derart neben die andere gestellt wird, dass eine Öffnung von der Breite einer Türe freibleibt.
(Jeremy Bentham)


Das Grimmsche Wörterbuch erklärt den Begriff hermetisch als Wortschöpfung, die sich auf Hermes Trismegistos bezieht und die angeblich von ihm erfundene Methode, Glasröhren luftdicht zu verschließen. Doch endigt der Eintrag eben dort mit einem Dichterwort von Gottfried August Bürger, dem Autor des Münchhausen, und zitiert diesen:

es ist geist, so rasch beflügelt,
wie der spezereien geist,
der, hermetisch auch versiegelt,
sich aus seinem kerker reist.

Dass wir es nun mit Kerker und Zelle sowie hermetischen Raum mit antithetischen Begriffen zu tun bekommen liegt auf der Hand. Warum man diese aber hier zusammenbringt, ohne sie dialektisch aufheben oder versöhnen zu wollen, mag dem einen oder anderen merkwürdig erscheinen.
Solches verdankt sich aber schon wiederum zweierlei: Einerseits dem Einfluss einer gewissen psychoanalytischen Herangehensweise, vornehmlich geprägt durch die Londoner Schule. „One must cast a beam of intense darkness so that something which has hitherto been obscured by the glare of the illumination can glitter all the more in that darkness.“ Und anderseits ist es eben eine vornehme Aufgabe, sich und sein Pferd am eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen oder davon zu berichten, wie der Wolf das Pferd von hinten angreift, auffrisst und dann – in dessen Geschirr steckend – die Aufgabe des Pferdes übernimmt und uns nach St. Petersburg bringt.
(Andreas L. Hofbauer)

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Lecture given by Christian Welzbacher and Andreas L. Hofbauer 2013 for Wonderloch Kellerland in course of an exhibition called THE HERMETIC SPACE I. (All photographs by Wonderloch Kellerland; shown art pieces on this page by Markus Selg, René Luckhardt and Dieter Roth).


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Backdrop and Lock-up [Panoptikum]

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Im Panoptikum, Jeremy Benthams idealem Gefängnis- und Erziehungsbau, werden die Deliquenten permanenter Überwachung durch einen Aufseher unterzogen, der im Mittelpunkt eines runden Gebäudes mit strahlenförmigen Trakten sitzt. Aber zu welchem Zweck? Als Begründer des Utilitarismus und Anhänger des Wirtschaftsliberalismus war Bentham davon ueberzeugt, dass der Kapitalismus der wahre Schlüssel zum Glück des Menschen ist – und nichts anderes als den Weg zum Glück wollte er mit dem Panoptikum jedem Menschen ebnen.

Jeremy Bentham
Das Panoptikum
erstmals aus dem Englischen übertragen von Andreas Leopold Hofbauer

hg. von Christian Welzbacher
mit Essays von Michel Foucault, Henry Sidgwick, Christian Welzbacher und Andreas L. Hofbauer

Berlin 2013
212 Seiten, Hardcover, zahlr. Abb.
ISBN 978-3-88221-613-4


Verlag Matthes & Seitz Berlin

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Pics: Still from Marcel Broodthaers’ movie Figures of Wax (16 mm, 15. min., London 1974) and a piece from his storyboard for the same film